Zweites Vatikanum
Segen oder Fluch?
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Vorbemerkungen Bei einer längeren Abhandlung, wie der vorliegenden über das Konzil, besteht die Gefahr, daß der Leser nach ihrem Studium nur noch Bruchstücke des Argumentationszusammenhanges geistig präsent hat und ihm der rote Faden, der das Ganze durchzieht, abhanden gekommen ist. Dem wollen wir durch eine Zusammenfassung unserer Ergebnisse der letzen vier Kapitel begegnen und zwar auf doppelte Weise. Im Mittelpunkt steht ein fiktiver Dialog, den zwei Konzilsväter am Vorabend des Konzils miteinander führen. An diesen schließt sich eine stichwortartige Gegenüberstellung der überlieferten Lehre der Kirche und der konziliaren Lehre an, soweit sie Gegenstand unserer Untersuchung waren. Was den fiktiven Dialog betrifft, so dreht er sich ausschließlich um die aufgezeigte antikatholische Linie in den betreffenden Texten, wobei uns jeweils ein Verweis auf die vorangegangenen Untersuchungen entbehrlich erscheint, weil wir im großen und ganzen dieselbe Reihenfolge wie dort einhalten und die Überschriften der Abschnitte zur Orientierung ausreichen. Die Tatsache, daß wir bei dieser Zusammenfassung die glaubenskonformen Passagen der Konzilstexte, die wir vorfanden, beiseite lassen, bedarf der Rechtfertigung. Rechtgläubigkeit ist kein besonderes Verdienst eines Konzils, sondern eine selbstverständliche Voraussetzung, wenn es sich, inhaltlich gesehen, um ein gültiges Konzil handeln soll. Das Spektakuläre und in der Kirchengeschichte Einmalige an Vatikanum II ist das Auftreten einer zweiten, nicht glaubenskonformen Linie, jedenfalls in den Dokumenten, die wir analysiert haben, und dieses Spektakuläre gilt es in erster Linie herauszuarbeiten und hervorzuheben. Der Forderung nach Ausgewogenheit, die verlangt, positive und negative Momente zur Geltung zur bringen, haben wir in der Textanalyse Rechnung getragen. Auch der Zweck dieses Werkes, das priesterliche Wirken von Pfarrer Milch darzustellen, rechtfertigt eine Konzentration auf die negative Konzilslinie bei dieser Zusammenfassung, denn wir wollen ja nachweisen, daß er sich mit Recht gegen das Konzil und dessen Folgen wandte. ... Am Vorabend des Konzils treffen sich zwei Vertreter des Revolutionsprinzips, wobei der eine, den wir Revoluturus nennen, den anderen über seine Absichten informiert, welche zugleich die Absichten der radikalen Konzilsfraktion sind. Ihm legen wir in den Mund, was schließlich an Antikatholischem in die Konzilstexte eingeht, soweit sie Gegenstand unserer Untersuchung waren, und stellen es als seine persönliche „Leistung“ dar. Er ist also sozusagen die Inkarnation der negativen Konzilslinie, und er ist ausgestattet mit einem hohen Maß an Skrupellosigkeit. Dabei besitzt er die Fähigkeit, den Ablauf des Konzils in seinen Grundzügen vorherzusehen, verfügt über den großen Überblick und ist in der Lage, die einzelnen Momente, die den Umschwung herbeiführen, miteinander zu verbinden.* Indem wir seinen Ausführungen eine systematische Form geben, wollen wir zeigen, daß die Abweichungen von der Glaubenslehre, die sich das Konzil zu schulden kommen ließ, nicht nebeneinander stehen, sondern aufeinander aufbauen. Es soll deutlich werden, wie sie ineinandergreifen und ein geschlossenes, wohldurchdachtes Ganzes bilden. Neben der inhaltlichen Seite berücksichtigen wir auf diese Weise auch die strukturelle Seite, was umso wichtiger ist, als diese in den bisherigen Veröffentlichungen über das Konzil weithin unterbelichtet blieb. Seinen Freund nennen wir Moderaturus, weil er eine gemäßigt-modernistische Position einnimmt und bestrebt ist, einerseits Glaubenstreue zu bewahren, andererseits aber revolutionären Ideen Rechnung zu tragen. Nach dem Sieg der Revolutionäre auf dem Konzil ist die Position des Revoluturus im Innenraum der Kirche vorherrschend geworden. Es ist dies die Position des konsequenten Modernisten, während die Position des Moderaturus im Spektrum der Halbkonservativen bzw. der gemäßigten, man kann auch sagen der inkonsequenten Modernisten anzusiedeln ist. Im letzten Abschnitt dieses Kapitels präzisieren wir diese Begriffe. An dieser Stelle möchten wir den Blick des Lesers auf eine bemerkenswerte Tatsache lenken. Viele Tragödien in der Geschichte der Menschheit haben durch Künstler den Weg auf die Theaterbühne bzw. die Kinoleinwand gefunden, nicht selten sogar in mehreren Versionen. Die Tragödie des Konzils hingegen - über die Pfarrer Milch am spes-unica-Sonntag im Dezember 1981 unter dem Thema sprach: Das sogenannte Zweite Vatikanische Konzil - die größte Katastrophe der europäischen Geistesgeschichte - harrt noch einer künstlerischen Bearbeitung. Vielleicht kann der folgende Dialog einen Anstoß dazu geben.
* Im folgenden Abschnitt geben wir Literaturnachweise nur für diejenigen Zitate an, die noch nicht angeführt wurden. |
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